Hormonersatz und Osteoporose

Osteoporose ist ein Problem, von dem vor allem Frauen betroffen sind. Der Abbau der Knochendichte beginnt in den Jahren um die Wechseljahre und die Abnahme ist am grössten in den 10 Jahren nach der Menopause.

Eine Hormonersatz-Therapie mit Oestrogen (und zwar Oestradiol, E2) ist eine potente und vielleicht auch die physiologisch beste Möglichkeit, diesen Abbau von Knochenmasse zu verhindern. Im Gegensatz zu verschiedenen Medikamenten, welche lediglich den Abbau des Knochens hemmen, hat Oestradiol die Wirkung, dass neue Knochensubstanz aufgebaut wird. Zudem wird durch die Oestrogen-Wirkung auch ein von der Struktur her normaler Knochen regeneriert.

Durch die WHI-Studie von 2002 ist der Hormonersatz in ein ganz schlechtes Licht gerückt worden. In der Folge wurde eine Hormonbehandlung mit Estradiol vielen Frauen vorenthalten, die eigentlich stark davon profitiert hätten und die ohne diese stark leiden.

In diesem Video erkläre ich, warum die WHI-Studie einen so schlechten Ruf für die Hormonersatz-Therapie gebracht hat

Allerdings hat die WHI-Studie – im Gegensatz zu den vielen vermeintlichen Nachteilen – klar einen Vorteil für die Knochengesundheit gezeigt!

Verschiedenste Probleme bestehen im Zusammenhang mit der WHI-Studie, welche dafür verantwortlich sind, dass diese Resultate nicht auf unsere heute, moderne Hormontherapie mit Estradiol zu übertragen sind. Nur einige davon sind:

  • Die Fragestellung war, ob die Hormongabe einen schützenden Effekt vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen hat.
  • Es wurden nur Frauen in die Studie eingeschlossen, die keine Beschwerden hatten. Diese Frauen waren mehrheitlich um 10 Jahre nach der Menopause und im Durschnitt ca 63 Jahre alt.
  • Es wurden konjugierte equine Oestrogene (CEE), also Pferde-Oestrogene verwendet – nicht das natürliche Oestradiol (E2)! Das ist enorm wichtig, weil die Substanzen aus dem Pferde-Urin nicht Oestradiol waren und eine etwas andere Wirkung haben.
  • Ungefähr die Hälfte (!) der Frauen in der Studie haben die Hormonersatztherapie gar nicht mehr eingenommen!
  • Schlussendlich hat die Studie nur beantwortet, was sie gefragt hat. Und die Antwort war: Pferde-Oestrogene sind nicht geeignet, um bei Frauen ohne Beschwerden Jahre nach der Menopause Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Herzinfarkte, Tod durch Herzversagen) zu verhindern! Nicht weniger, aber auch nicht mehr!

Die Autoren der WHI-Studie selber haben 2016 in einem Beitrag versucht, die Hormonersatz-Therapie zu rehabilitieren, aber der Schaden der WHI-Studie wirkt bis heute deutlich nach!

Dabei ist ganz wichtig, dass eine Hormonersatz-Thearpie sehr sinnvoll ist und sehr viel mehr Vorteile als Nachteile hat wenn man sie korrekt anwendet.

Kurz zusammengefasst, sollte für eine Hormonbehandlung ab der Menopause (bzw schon etwas früher) folgende Punkte beachtet werden:

  • Um eine Überstimulation der Gebärmutter-Schleimhaut zu verhindern (was zu Gebärmutterschleimhaut-Krebs führen kann), muss bei vorhandener Gebärmutter zum Estradiol ein sog. Gestagen gegeben werden.
  • Wenn die Gebärmutter entfernt wurde, dann soll Oestradiol alleine gegeben werden, die Wirkung ist noch vorteilhafter als mit der Kombination!
  • Wenn man das Oestrogen über die Haut gibt (Gel oder Pflaster), wird das Thrombose-Risiko NICHT erhöht! (Aber auch als Tablette wird es nur gering erhöht, muss aber je nach Konstellation beachtet werden.)
  • Am wichtigsten: zur richtigen Zeit beginnen! Das sogenannte „Window of Opportunity“ ist in den ersten 10 Jahren ab Menopause. Je früher man damit beginnt, desto besser!
  • Die Einnahme kann über Jahre erfolgen und hat auch über längere Zeit mehr Vor- als Nachteile. Ich persönlich diskutiere immer, dass sich ein Absetzen nicht lohnt, weil dann die Beschwerden und die Nachteile des Hormonmangels einfach dann auftreten, wenn man absetzt.

Weiter gibt es gute Daten, dass die beiden grössten Sorgen bezüglich Hormonersatztherapie unberechtigt sind:

  • Das Herzkreislauf-Risiko wird mit Produkten mit Oestradiol (nicht Pferde-Oestrogene!) und bei Beachtung der obigen Regeln gesenkt, nicht erhöht!
  • Das Brustkrebsrisiko wird mit Oestrogen alleine nicht erhöht. Wenn ein Gestagen benötigt wird, dann wird das Brustkrebsrisiko nicht erhöht, wenn man das Gestagen Dydrogesteron verwendet oder natürliches Progesteron. Andere Kombinationen können das Brustkrebsrisiko erhöhen, aber auch „nur“ um den Faktor 1.5, also nicht einmal eine Verdoppelung, was medizinisch gesehen nicht wahnsinnig viel ist.

Für die Knochengesundheit hat Oestradiol – wie schon erwähnt – einen sehr positiven Effekt. Oestradiol erhöht die Knochendichte und reduziert das Risiko von Knochenbrüchen deutlich. Als Alternative zu Oestradiol gibt es verschiedene synthetische Substanzen, sogenannte „selektive Oestrogen-Rezeptor-Modulatoren“, abgekürzt SERM. Diese SERM wirken auf den Knochen ähnlich gut wie Oestradiol, wirken aber nicht auf Brustdrüsengewebe und Gebärmutter-Schleimhaut. Darum können sie in Situationen gegeben werden, wo Oestradiol wegen Brustkrebs oder Gebärmutterschleimhaut-Krebs in der Vorgeschichte nicht gegeben werden kann.

Und schlussendlich ist in allen Lebenslagen, aber gerade ab der Zeit kurz vor Menopause mit erhöhtem Knochenabbau, eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D3 und K2 enorm wichtig!

Fazit für die Hormonersatztherapie in Bezug auf die Knochengesundheit:

  • Oestradiol ist besser als SERM für den Knochen
  • SERM sind eine Option wenn Ostradiol nicht gegeben werden kann. Die wichtigsten Gründe, welche gegen die Gabe von Oestradiol sprechen sind Brustkrebs oder Krebs der Gebärmutterschleimhaut. Wer an einem solchen Krebs erkrankt ist, darf kein Oestradiol erhalten.
  • Hormonersatz möglichst früh, allenfalls schon etwas vor der Menopause beginnen. Window of opportunity beachten! Ideal ist ein Beginn vor Alter 60, unter umständen auch noch zwischen 60 und 70. Ab 70 sollte nicht neu begonnen werden (aber wenn vorbestehend weitergeben).
  • Wenn die Gebärmutter vorhanden ist muss ein Gestagen dazu gegeben werden. Idealerweise wählt man hier Dydrogesteron.
  • Ohne Gebärmutter wird kein Gestagen benötigt, dann soll nur Oestradiol alleine gegeben werden.