Endotest – eine revolutionäre Entwicklung in der Diagnostik der Endometriose? Gibt es einen Nutzen?

Die Firma Ziwig aus Lyon hat einen Test entwickelt, mit dem mit sehr hoher Zuverlässigkeit eine Endometriose aus einer Speichelprobe diagnostiziert werden kann. Der Test soll demnächst auf den Markt kommen.

Die Biotech-Firma behauptet, den ersten Test dieser Art auf den Markt zu bringen. Interessanterweise behauptet das auch die Firma Endodiag aus Paris mit dem Test namens EndoSearch. Beide Tests sind dato nicht auf dem Markt erhältlich. Auch Angaben zu den Kosten für die Tests konnte ich nicht finden.

Was der Test tatsächlich bringen wird, bleibt abzuwarten. Einige Gedanken dazu:

  1. Ein Endometriose-Test kann tatsächlich die Diagnosestellung beschleunigen. Das ist sicher hilfreich für alle Frauen, die (schlussendlich unnötigerweise) zu zahlreichen Ärzten gehen bzw. überwiesen werden ohne eine korrekte Diagnosestellung. Häufig wird an den falschen Orten gesucht, prominent dabei ist die Magen-Darm-Spiegelung, um irgendwelche Darmprobleme zu suchen, die es nicht gibt.
    Mit einem Endometriose-Test könnte die Diagnosestellung sehr schnell erfolgen und unnötige andere Abklärungen könnten eingespart werden.
  2. Eigentlich braucht es keinen solchen Test, denn aufgrund der Symptomatik ist es in den meisten Fällen sowieso klar, dass es sich um eine Adenomyose / Endometriose handeln muss, weil schlicht keine andere Erkrankung die Beschwerden erklären kann. Wenn es dann zu jahrelanger Verzögerung und sinnlosen Darmspiegelungen kommt, liegt das eigentlich daran, dass die Symptome nicht richtig verstanden und interpretiert werden und dass das Bewusstsein für das Vorhandensein von Endometriose fehlt.
  3. Der Test bringt keine neuen Optionen für die Behandlung der Endometriose. Immerhin wird eine frühere Diagnose zu einer früheren Therapie führen, was Vorteile bringt. Aber wie gesagt, man könnte auch ohne diesen Test früh an Endometriose denken und dann eine entsprechende Therapie einleiten.
  4. Die Kosten für den Test sind nicht bekannt gegeben. Unter Umständen könnte der Test recht teuer werden. Hohe Testkosten könnten beide Firmen mit dem Argument rechtfertigen, dass sie andere unnötige Abklärungen einsparen, die zusammengenommen tatsächlich mehr kosten würden. Somit bezahlen wir unter Umständen in Zukunft hohe Kosten für einen Weg zur Diagnosestellung einer Endometriose, welcher bei korrekter Handhabung der bestehenden Möglichkeiten nicht notwendig wäre.
  5. Die grosse Mehrheit der Lehrbücher und Literatur besagt nach wie vor, dass der „Goldstandard für die Diagnosestellung einer Endometriose die Laparoskopie ist“. Eine Revision dieser Ansicht ist mehr als überfällig. Es wäre wirklich an der Zeit, den Frauen nicht einzureden und daran zu glauben, dass eine Endometriose unbedingt per Bauchspiegelung gesichert werden muss, bevor man sie behandeln kann. Das Prinzip ist eigentlich ganz einfach: wenn Symptome bestehen, die verdächtig für eine Endometriose sind, dann soll man eine Endometriose behandeln. Das Risiko einer Bauchspiegelung ist dafür nicht notwendigerweise in Kauf zu nehmen.
  6. Die beste diagnostische Methode für die Endometriose ist die vaginale Ultraschall-Untersuchung. Nur wird diese Technik nach wie vor von den meisten Ultraschall-Anwendern nicht ausgeschöpft und das Wissen und Können ist oft nicht in ausreichendem Umfang vorhanden. Natürlich können wir im Ultraschall nicht abschliessend beweisen, dass es sich um eine Endometriose handelt (weil wir keine Gewebeprobe nehmen können), aber es gibt bei gewissen Befunden in Kombination mit Beschwerden schlicht und ergreifend keine andere Möglichkeit, sodass die Diagnose so gut wie sicher gestellt werden kann.

Fazit

Der Test füllt eine diagnostische Lücke, die nicht in der Natur der Endometriose, sondern in der erstaunlich umfangreichen Ignoranz dieser Erkrankung bei Medizinern liegt. Da es in den meisten Fällen nicht sehr schwerfällt, eine Adenomyose / Endometriose zu diagnostizieren und weil sich durch den Test keine neuen Therapieoptionen ergeben, sehe ich momentan für mich wenig Nutzen in dem Test.

Wenn der Test aber dazu führt, dass Frauen rascher zu der Diagnose einer Endometriose und damit auch früher zu einer Therapie kommen, dann bringt der Test doch unter dem Strich unter Umständen einen grossen Nutzen.

Sehr wünschenswert wäre, wenn die Forschung im Bereich der Therapie anstatt im Bereich der Diagnostik vorangetrieben würde.